Ausgesuchtere Dinge also.
Nachdem es sich also ergab, dass ich nun in knapp vier Jahren etwa 130.000km hinter dem Lenkrad verschiedener Golf II verbrachte, kam mir der Gedanke, dass es vielleicht Zeit für ein etwas praktischeres, universelleres Alltagsfahrzeug wäre, nachdem ich doch häufiger mal schwere Anhänger ziehen und sperriges Zeug transportieren muss. Zumal mir der Sinn nach einem semi-unauffälligen Automobil stand, das keinen Aufhänger für jegliche Anfänge missglückten Smalltalks liefern sollte - "ich habe dich vorbeifahren sehen". Auch von dauerhaftem Verbrauchtzustand, bin ich erstmal geheilt, anstrengend manchmal...
Aus der Sichtweise des DMS ergeben sich nun also nicht allzu viele Möglichkeiten: VW T4 (der Kreis zieht alle in seinen Bann) oder S124/210 Diesel. 124/210 wahlweise zu rostig oder zu teuer im Unterhalt, oft auch beides zusammen. T4 Bus...auch teuer geworden, aber ich war auf der Suche. Nun ergab es sich aus Gründen, dass erfreulicherweise die Volvodichte in meinem Umfeld drastisch zunahm, doch irgendwie war auch hier das Angebot dürftig. Alles immer nur Benzinautos und obendrein teuer oder total im Eimer (meist eher das), Gasanlagen eher selten vorhanden und noch häufiger auch gleich wieder kaputt, gern mitsamt Motor. Also doch VW Bus suchen...
Dann öffnete ich eines Abend im letzten November ebay kleinanzeigen und meine Startseite schlug mir folgende Annonce vor: "Volvo 940 2.4 Turbodiesel" für 600€ VB zeigte die Vorschau an. Wie das immer so ist, beschleunigten sich plötzlich alle Bewegungen vorm Bildschirm und hektisch öffnete ich die Annonce.
Die Bilder und Beschreibung offenbarten dann folgende Eckdaten:
-Steht am Arsch der Welt (Stuttgart)
-Seit 5 Jahren zusammen mit anderen Schrottautos auf einem Parkdeck unterm Baum abgestellt
-Kupplungsschaden
-Motor nimmt kein Gas an, lief bis dahin angeblich gut
-Rost
-Eine Scheibe eingeschlagen, eine gerissen
-österreichische Papiere
Gut. Dem vernunftbegabten Menschen eröffnen sich nun der Möglichkeiten viele. Zum Beispiel:
-Nicht kaufen
-Anzeige schließen
-Anzeige schließen und Dinge murmeln wie "so ein Schrott wieder eh..."
Ich habe mich für Option 4 entschieden und bin mal hingefahren und habe den Ofen gekauft.
Zweithand Turbodieselvolvos in ihrer letzten, haltbaren Ausbaustufe findet man nicht oft. Schon gar nicht für dreistelliges Geld und echten 210.000km sowie einem unverwohnten Innenraum. Noch seltener in einer nicht hässlichen Farbe (bis auf wenige Ausnahmen die gesamte Volvo-Farbpalette).
Zwei Tage später folge die Abholung. Es musste schnell gehen. Mitten in der schärften Stuttgarter Fahrverbotszone sind verwahrloste Volvos auf öffentlichen Parkplätzen wenig beliebt. Nach kaum 5 Jahren musste das Vehikel dort also schnellstens entfernt werden.
Absolut keine Zeit habend, lagerte ich den Wagen dann zwei Monate im Außenlager ein.
Etwas Zeit gefunden habend, konnte es losgehen. Pläne? Einmal zurück in diesen Zustand bitte!
Fangen wir an. Ein neues Dreiecksfenster, das eigentlich mehr ein Trapezfenster war vonnöten. Während der Standzeit auf dem Parkdeck wurde dieses eingeschmissen, um ins Auto zu gelagen. Jemand hat die Winterreifen aus dem Kofferraum geklaut. Kein Witz!
Kühler musste auch neu, nachdem mich dieses Kleinod österreichischer Reparaturkunst nicht zu überzeugen vermochte:
Auch der nachträglich verbaute Immobilizer wurde in den Eletroschrott mobilisiert:
Der Zahnriemen zeigte sich in Bestform und hielt mich am Ende zwei Monate auf, aus Gründen. An eine Rolle muss ich nochmal ran. Ich möchte da nicht drüber sprechen, so furchtbar ist es. Man merkt, es ist VW im Spiel.
derweil...
Simmerring der Ölpumpe kam auch neu:
Mit zwei neuen Zahnriemen konnte ich mich also nun dem eigentlichen Motorproblem widmen. Der Kupplungsschaden war schlicht ein defekter Nehmerzylinder und in wenigen Minuten behoben. Null Gasannahme, Einspritzpumpe undicht und verklebt. Das sieht dann so aus:
Zwei ESP-Dichtsätze (zwei, weil beim Dichtsatz für LT-Pumpen ein Dichtring fehlt) später, tropfte die Pumpe dann endlich nicht mehr ihren Sprit in die Gegend und es wurde Zeit für die Medizin.
In US und A wird das als "the strong medicine for sick diesels" beworben. Ich halte ja eigentlich wenig von Voodoo, aber das Mittelchen wirkt.
Ranzbimmeln unter sich...
Nach Anwendung der Medizin an einem windigen und verregneten Tag (besser ist das), sieht das doch schon ungemein besser aus:
Da bin ich wohl vor lauter Begeisterung am VVS (vertical video sydrome) erkrankt. Kann man nichts machen...
Doch, kann man. Probefahren. Schon ist die Welt wieder horizonzal.
Vermutlich die erste Betankung in Deutschland seit 1995...
Alles dicht wieder zusammengebaut:
Dann war da diese Sache mit dem Rost...
Scheibenrahmen gestrahlt:
Zwei kleine Durchschüsse habe ich dann halt zugepopelt, wird schon gehen. Der Lacker war fleißig und teurer als der Anschaffungspreis (darf man das hier schreiben?)
Scheibe geklebt:
Liebe Menschen. Nehmt keine billigen Kartuschenpresse für sowas. Es ist die reinste Katastrophe. Aber eingebaut ist eingebaut............................
Dann habe ich die Lust verloren.
Oder doch nicht. Das Fragment oben spendete seine edlen Organ...Blechteile für dieses Problemchen (rechte Seite unwesentlich besser):
"Ersatzteil"
Flex...
Vor lauter Begeisterung sieht man irgendwann Eulen:
Soweit so gut. Der Tüv-Termin ist bald. Baldiger als ich nach den letzten Schnitten heute so hoffte. Damit geht es dann morgen weiter. Bleiben sie dran.
Und lassen Sie den Bärlauch in der Bratwurst und nicht in die Regierung, damit noch lange weiter gedieselt werden kann.